Cytoplasmatischen männlichen Sterilität KW 32 201

In der ZDF Sendung Wiso wurde am Dienstag über Gentechnik in Biomärkten berichtet. Hier insbesondere über Hybriden die mit dem Verfahren der Cytoplasmatischen männlichen Sterilität kurz CMS gezüchtet wurden.
Gemüsesaatgut gibt es in vielfältigen Qualitäten deren Unterschiede für den Laien nicht immer leicht verständlich ist. Abgesehen davon, dass genmanipuliertes Saatgut für Biobetriebe verboten ist, gibt es daneben noch eine ganze Menge anderer Verfahren bei welchen die Abgrenzung zu genmanipuliertem Saatgut nicht immer ganz einfach ist. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass auch Biobetriebe sogenanntes Hybridsaatgut einsetzen.
Noch vor 20 Jahren gab es fast ausschließlich Samenfeste Gemüsesorten. Diese Samenfeste Sorten wurden durch jahrelange Selektion der Pflanzen auf bestimmte gewünschte Qualitäten entwickelt. Vereinfacht gesagt ging der Züchter durch seinen Zuchtgarten und markierte die schönsten und dicksten Pflanzen für die Samengewinnung. Somit hatte auch jeder Gärtner und Landwirt die Möglichkeit aus diesen Pflanzen eigenes Saatgut zu erzeugen und sogar evtl. neue Sorten daraus zu entwickeln.
Beim Hybridsaatgut wird es  komplizierter. Alle Erbinformationen sind in unseren Zellen im Zellkern doppelt vorhanden, aber die Informationen sind nicht unbedingt identisch. Während auf dem einen Chromosomensatz  die Haarfarbe braun vorliegt, kann auf dem anderen Chromosomensatz die Haarfarbe blond vorliegen. Beides zusammen gibt dann voraussichtlich im äußeren Erscheinungsbild dunkelblond. Bei der Hybridzucht werden als Elterngenerationen Inzuchtlinien verwendet. Inzuchtlinien sind reinerbig, das heißt, dass auf beiden Chromosomensätzen eine identische Erbinformation vorliegt. Kreuzt man nun diese zwei Inzuchtlinien miteinander erhält man als Ergebnis das sogenannte F1 Saatgut. Der große Vorteil des F1 Saatgutes ist, dass die Pflanzen, die daraus entstehen absolut gleiche Eigenschaften haben und ihr Ertragspotential in der Regel über dem ihrer Elternlinien liegt Der große Nachteil ist, dass man mit dem Samen den nun wiederum diese F1 Pflanzen produzieren nur eingeschränkt Nachbau betreiben kann, weil sich die nachfolgenden Generationen in vielen Qualitätsmerkmalen nicht mehr einheitlich sind. Man kann das auch ganz einfach mit den rotblühenden  und weißblühenden Erbsen erklären. (Mendel lässt grüßen). Kreuzt man zwei solcher Erbsensorten erhält man als F1 Generation eine Pflanze die einheitlich rosa blüht, vermehrt man allerdings diese F1 Generation weiter erhält man in der F2 Generation weißblühende rosablühende und rotblühende Pflanzen.
Das Kreuzen zweier Elternlinien, das bei Tieren sehr einfach funktioniert, ist bei den Pflanzen ungleich schwieriger, da bei den Pflanzen die weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmale auf einer Pflanze und in der Regel sogar in einer Blüte vereint sind. Um zwei Linien miteinander zu kreuzen muss der Pflanzenzüchter bei einer Linie die Pollenproduktion verhindern um eine Befruchtung der Pflanze mit eigenen Pollen auszuschließen. Das bedeutet eine Linie muss männlich steril sein.
Das ist der Knackpunkt, und noch ist nicht alles bekannt, wie die Saatgutkonzerne diese männliche Sterilität herstellen.  Ein Möglichkeit diese männliche Sterilität herzustellen ist die sogenannte „Cytoplasmatische männliche Sterilität“ kurz CMS genannt. Man weiss, dass es bei Rettich eine Sterilität gibt, die nicht im Zellkern verankert ist, sondern in den Mitochondrien der Rettichzellen. Die Mitochondrien sind eigentlich die Kraftwerke der Zellen. Wenn man nun eine solche Rettichzelle nimmt und daraus den Zellkern entfernt hat man einen Rettichcytoplasten ohne Zellkern allerdings mit Mitochondrium. Im zweiten Schritt nimmt man zum Beispiel eine Brokkolizelle und entfernt bei dieser die Zellwand, so erhält man einen Brokkoli-Protoplasten. Im dritten Schritt wird nun  die zellkernlose Rettichzelle mit der mit der zellwandlosen Brokkolizelle verschmolzen und erhält somit eine männlich sterile Brokkolizelle.

Die Pflanzen die aus solchen männlich sterilen Brokkolizellen entstehen entwickeln keine Pollen und können somit ohne der Gefahr der Selbstbefruchtung ausschließlich von der zweiten Brokkolilinie befruchtet werden. Ein Problem dieser CMS Hybriden ist, dass sich diese männliche Sterilität weitervererbt und die Nachkommen der CMS Hybriden nicht nur sehr stark in ihren Eigenschaften streuen, sondern kaum noch selbst fruchtbar sind. Speziell in Entwicklungsländern, dort wo manche Kleinbauern auf den Nachbau von eigenem Saatgut angewiesen sind, kann sich eine solche Entwicklungen verheerend auswirken. Auch stellte sich als Problem heraus, daß bei der CMS-Hybridzucht bei einer Pflanzenart wie z.B. bei Mais für alle Hybiden die gleiche Zellkernlose Pflanzenzelle verwendet wurde, deren  mitochondrialen DNA eine stark erhöhte Anfälligkeit gegen Blattdürrepilze hatte. Die Folge waren verheerende Ernteausfälle in den 70er Jahren in den USA.
Die Frage ist: wo verläuft die Grenze zwischen genmanipuliertem Saatgut und den CMS-Hybriden. Während bei der Genmanipulation die Informationen im eigentlichen Zellkern manipuliert werden, wird bei CMS-Hybriden der Zellkern nicht angetastet. Der Biolandverband sieht das sehr kritisch und betrachtet auch CMS-Hybirden als gentechnisch veränderte Pflanzen. Deshalb sind bei Biolandbetrieben solchen Sorten verboten. Verwirrend wird das Ganze deshalb, da nach den EU-Biorichtlinien CMS-Hybriden nicht verboten sind und auch nicht als solche gekennzeichnet werden müssen.
Wir auf dem Biohof-Braun verwenden ca. für ein Drittel unseres Saatgutbedarfes Hybridsaatgut. (CMS frei, nach Aussagen der Züchter.)Zum Einen, weil diese Sorten zugegebenermaßen die einheitlicheren und besseren Qualitäten liefern und zum Anderen, weil es bei bestimmten Gemüsearten kaum noch gute samenfeste Sorten gibt. Bei Salaten, Postelein, Kräutern, Rote Beete und Kürbissen verwenden wir ausschließlich samenfeste Sorten. Gut ist auch, dass es seit einiger Zeit wieder eine Bewegung gibt die sich für den Erhalt und die Vermehrung von samenfesten Gemüsesorten einsetzt. z.Bsp. die Bingenheimer Saatgut AG.
Draußen auf den Feldern erholen sich die Kulturen von der Hitze der letzten Wochen.  Während die Einen die durch die Gewitter verursachten Unwetter zwei mal trafen, hatten wir bisher in diesem Jahr immer Glück. Abgesehen von einige Starkregenereignissen gab es bei uns keine Schäden. Unsere Eierlieferanten und Biolandkollegen Martina Mast und Martin Häring hatten dagegen 2 extreme Hagelereignisse innerhalb von einer Woche. Die Ernte ist dort zu 100% vernichtet. In den Gewächshäusern kommen die Tomaten in den Vollertrag während die Gurken schon wieder etwas nachlassen.

Dieser Beitrag wurde unter Wochenbrief veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.