Über die Cytoplasmatische männliche Sterilität

Liebe Kunden/innen

Zur Vorbereitung für das neue Gemüsejahr gehört auch die Auswahl der richtigen Gemüsesorten. Gemüsesaatgut gibt es in vielfältigen Qualitäten deren Unterschiede für den Laien nicht immer leicht verständlich ist. Abgesehen davon, dass genmanipuliertes Saatgut für Biobetriebe verboten ist, gibt es daneben noch eine ganze Menge anderer Verfahren bei welchen die Abgrenzung zu genmanipuliertem Saatgut nicht immer ganz einfach ist. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass auch Biobetriebe fast nur noch sogenanntes Hybridsaatgut einsetzen.

Noch vor 20 Jahren gab es fast ausschließlich Samenfeste Gemüsesorten. Diese Samenfeste Sorten wurden durch jahrelange Selektion der Pflanzen auf bestimmte gewünschte Qualitäten entwickelt. Vereinfacht gesagt ging der Züchter durch seinen Zuchtgarten und markierte die schönsten und dicksten Pflanzen für die Samengewinnung.
Somit hatte auch jeder Gärtner und Landwirt die Möglichkeit aus diesen Pflanzen eigenes Saatgut zu erzeugen. Dieses Saatgut hatte dann ungefähr die gleichen Qualitäten wie das zuvor vom Züchter gekaufte.

Beim Hybridsaatgut wird es nun ein wenig komplizierter. Hier verwenden die Züchter in der Regel immer zwei Linien die durch Inzucht reinerbig gemacht wurden. Das heißt, dass auf beiden Chromosomensätzen eine identische Erbinformation vorliegt. Kreuzt man nun diese zwei Inzuchtlinien miteinander erhält man als Ergebnis das sogenannte F1 Saatgut. Der große Vorteil des F1 Saatgutes ist, dass die Pflanzen die daraus entstehen absolut gleiche Eigenschaften haben. Der große Nachteil ist, dass man mit dem Samen den nun wiederum diese F1 Pflanzen produzieren keinen Nachbau betreiben kann, weil sich die nachfolgenden Generationen in vielen Qualitätsmerkmalen nicht mehr einheitlich sind. Man kann das auch ganz einfach mit den rotblühenden  und weißblühenden Erbsen erklären. (Mendel lässt grüßen). Kreuzt man zwei solche Erbsensorten erhält man als F1 Generation eine Pflanze die einheitlich rosa blüht, vermehrt man allerdings diese F1 Generation weiter erhält man in der F2 Generation weißblühende rosablühende und rotblühende Pflanzen.
Ein weitaus allerdings größeres Problem ist die bei der Erzeugung von Hybridsaatgut zwingend notwendige männliche Sterilität. Denn will ich zwei Pflanzen miteinander kreuzen, muss ich zumindest bei einer dieser Pflanzen verhindern, dass sie sich mit ihren Pollen selbst befruchtet. Das ist der Knackpunkt, und noch ist nicht alles bekannt, wie die Saatgutkonzerne diese männliche Sterilität herstellen.  Ein Möglichkeit diese männliche Sterilität herzustellen ist die sogenannte „Cytoplasmatische männliche Sterilität“ kurz CMS genannt. Man weiss hier, dass es bei Rettich eine Sterilität gibt, die nicht im Zellkern verankert ist sondern in den Mitochondrien der Rettichzellen. Wenn man nun eine solche Rettichzelle nimmt und daraus den Zellkern entfernt hat man einen Rettichcytoplasten. Im zweiten Schritt nimmt man zum Beispiel eine Brokkolizelle und entfernt bei Dieser die Zellwand, so erhält man einen Brokkoli-Protoplasten. Im dritten Schritt wird nun  die zellkernlose Rettichzelle mit der mit der Zellwandlosen Brokkolizelle verschmolzen und erhält somit eine männlich sterile Brokkolizelle.
Die Pflanzen die aus solchen männlich sterilen Brokkolizellen entstehen entwickeln keine Pollen und können somit ohne der Gefahr der Selbstbefruchtung ausschließlich von der zweiten Brokkolilinie befruchtet werden. Ein Problem dieser CMS Hybriden ist auch, dass sich diese männliche Sterilität weitervererbt und die nachkommen der CMS Hybriden nicht nur sehr stark streuen, sondern auch kaum noch selbst fertil sind. Speziell in Entwicklungsländern, dort wo manche Kleinbauern auf den Nachbau von eigenem Saatgut angewiesen sind, kann sich eine solche Entwicklungen verheerend auswirken. Im Ökolandbau sind übrigens CMS Hybriden verboten. Allerdings konnte mir ein Saatgutvertreter diese Woche auch nicht sagen, wie seine Firma die notwendige männliche Sterilität bei den anderen Hybridsorten herstellt.
Hier gibt es noch viel in Erfahrung zu bringen, ich werden Sie darüber informieren.

Wir auf dem Biohof-Braun verwenden ca. für die Hälfte unseres Saatgutbedarfes Hybridsaatgut. Zum Einen, weil diese Sorten zugegebenermaßen die einheitlicheren und besseren Qualitäten liefern und zum Anderen, weil es bei bestimmten Gemüsearten kaum noch gute samenfeste Sorten gibt. Bei Salaten, Postelein, Kräutern, Rote Beete und Kürbissen verwenden wir ausschließlich samenfeste Sorten. Gut ist auch, dass es seit einiger Zeit wieder eine Bewegung gibt die sich für den Erhalt und die Vermehrung von samenfesten Gemüsesorten einsetzt. z.Bsp. die Bingenheimer Saatgut AG.

Nächste Woche ist in der Gemüsekiste.: Feldsalat, Postelein, Kohlrabi, schwarzer Rettich, Lauch und roter Paprika.

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